Struktureller Rassismus der Vergangenheit und der Gegenwart in Deutschland
14. September 2022 16:00 - 20:00 Uhr, Quartiershalle der KoFabrik, Bochum

Struktureller Rassismus der Vergangenheit und der Gegenwart in Deutschland

Die Fachveranstaltung wirft in drei Vorträgen einen Blick hinter gesellschaftliche Strukturen, die Rassismus in Deutschland bis heute bedingen.

Das Transfernetzwerk Soziale Innovation – s_inn lädt Sie herzlich ein:

14. September 2022
16:00 bis 20:00 Uhr

Veranstaltungsort:

Quartiershalle der KoFabrik
Stühmeyerstraße 33
44787 Bochum

Programm und Referentinnen

Im ersten Vortrag der Veranstaltung stellt Anne Broden Kontinuitäten und Brüche des strukturellen Rassismus seit seiner Entstehung im Kolonialzeitalter bis heute dar. Es geht darum, die Funktion des Rassismus als Legitimation für Herrschaftsansprüche, Unterdrückung, Ausbeutung, Versklavung bis hin zum Völkermord zu verstehen und seine Auswirkungen auch auf das gegenwärtige gesellschaftliche Handeln deutlich zu machen. Denn nur, wenn wir die Ursachen dieser gewaltvollen Praxen verstehen, können wir rassistischen Strukturen in Politik, Wirtschaft, Bildung und in anderen gesellschaftlich relevanten Bereichen angemessen begegnen.

Anne Broden ist seit 17 Jahren Leiterin des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen (IDA-NRW) und seit 2017 freiberuflich in der politischen Erwachsenenbildung zu den Themen Rassismus- und Antisemitismuskritik, Rechtsextremismusprävention, Migrationssoziologie und -pädagogik tätig. Zudem: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Technischen Hochschule (TH) Köln, Lehraufträge an der Katholischen Hochschule (katho) Köln sowie der Ruhr-Universität Bochum. Ursprünglich ist Anne Broden Diplom-Theologin und Historikerin.

Der zweite Vortrag knüpft an die These der historisch gewachsenen strukturellen Verankerung des Rassismus an. Anhand polizeilicher Erfassung-, Ermittlungs- und Kontrollpraxen, die als Racial Profiling bezeichnet werden untersucht Doris Liebscher, wie sich rassistisches Wissen auf individueller und institutioneller Ebene verbindet. In einem zweiten Teil fragt sie, warum das Verbot rassistischer Diskriminierung, das sogar grundgesetzlich verankert ist, in der Praxis wenig Anwendung findet und aus Betroffenenperspektive ein zweischneidiges Schwert ist. Dazu greift sie auf konkrete Fälle u. a. der Berliner LADG-Ombudsstelle zurück. Auch hier ist die Antwort im rassistischen Wissen eines Rechtssystems zu finden, dass die Perspektive der Betroffenen als subjektiv abwertet und die Perspektive der Dominanzgesellschaft als objektiv verschleiert.

Doris Liebscher leitet seit September 2020 die Ombudsstelle für das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz bei der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung. Zuvor gründete sie eins der ersten unabhängigen Antidiskriminierungsbüros Deutschlands in Leipzig und forschte und lehrte Antidiskriminierungsrecht an der Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte der Humboldt-Universität zu Berlin. Doris Liebscher arbeitet u. a. juristisch zum NSU-Komplex, zu Racial Profiling und zu institutionellem Rassismus im Recht und sie setzt sich für eine rassismuskritische Jurist_innenaus- und Weiterbildung ein. Ihre Dissertation "Rasse im Recht. Recht gegen Rassismus. Genealogie einer ambivalenten Kategorie“ erschien 2021 bei Suhrkamp.

Im dritten Vortrag widmet sich Monique Kaulertz dem Thema "Wartenlassen“: In Behörden, im Gesundheitssystem, in Unterkünften, im Asylregime – vielfach sind Menschen mit (zugeschriebener) Flucht- oder Migrationsgeschichte zum Warten gezwungen. Dabei kann "Wartenlassen“ als machtvolle Praxis und als Teil einer diskriminierenden bzw. rassistischen Struktur verstanden werden. Monique Kaulertz fragt hier auch nach den Möglichkeiten, die Wirkung(en) auf individueller Ebene zu artikulieren. Gerade weil die Gewaltsamkeit so wenig fassbar ist und nicht durch ein einschneidendes Ereignis auffällt, scheint sie schwer zu verstehen und zu beschreiben. Diese Schwierigkeit einzuholen ist jedoch notwendig, um gezielt Kritik am Verfügen über die Zeit anderer, welches deren Gestaltungsmöglichkeiten für das eigene Leben einschränkt, anzubringen.

Monique Kaulertz studierte Sozialpsychologie, Sozialanthropologie, Philosophie sowie Friedens- und Konfliktforschung. Seit 2018 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Unabhängigen Beschwerde- und Informationsstelle Flucht (UBIF) an der EvH RWL in Bochum. Sie nimmt zudem verschiedene Lehraufträge zu kritischer Migrationsforschung, Gewaltforschung und narrativer Psychologie wahr und ist als Trainerin für Kommunikation, Reflexion und Empowerment für (internationale) Studierende an der RUB, EvH RWL und der Uni Witten-Herdecke tätig. Monique Kaulertz promoviert am Lehrstuhl für Sozialtheorie und Sozialpsychologie an der Ruhr-Uni Bochum zum Thema "Artikulation von Leid und Gewalterfahrungen in der Migrationsgesellschaft“.

Moderiert wird die Veranstaltung von Prof. Dr. Cinur Ghaderi.

Prof. Dr. Cinur Ghaderi ist Professorin an der EvH RWL. Ihr Lehrgebiet ist die Psychologie. Zu ihren  Arbeitsschwerpunkten gehören die psychosoziale Arbeit mit Geflüchteten, psychosoziale Traumatologie, transkulturelle Psychotherapie, internationale soziale Arbeit, soziale Arbeit in Kriegs- und Postkonflikt – Regionen, (politische) Identität, Diversität und Intersektionalität, Gender und Migration und kurdish gender studies.

Organisatorisches

Die Veranstaltung findet in Präsenz statt und ist kostenlos. Sofern aufgrund der pandemischen Lage Änderungen des Veranstaltungsformates nötig sein sollten, geben wir diese rechtzeitig bekannt. Menschenentwürdigende Äußerungen werden nicht geduldet und führen zum Ausschluss von der Teilnahme an der Veranstaltung.

Anmeldungen:
Der Anmeldeschlus endete am  09.09.2022.
 

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:

Sinem Malgac
Innovation-Lab Bochum
malgac@evh-bochum.de

 

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und eine spannende Diskussion mit Ihnen!

 

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