Anspruch und Wirklichkeit beim Seiteneinstieg von jungen Geflüchteten in den Beruf
25. Juni 2020

Die Integration in den Arbeitsmarkt ist eine wichtige Herausforderung für die gesellschaftliche Teilhabe von jungen Geflüchteten. Junge Geflüchtete werden dabei von den Jugendmigrationsdiensten begleitet und unterstützt. Doch was sind eigentlich Faktoren für einen erfolgreichen Seiteneinstieg? Dieser Frage haben sich Studierende des Masterstudiengangs „Forschung und Innovation“ gemeinsam mit Partner_innen aus der Praxis in einem Forschungsprojekt gewidmet. Der Sozial-Wissenschaftsladen hat das Projekt begleitet.

Mehr als 670.000 junge Menschen stellten zwischen 2015 und 2017 in Deutschland einen Asylantrag. Angesichts der demographischen Entwicklung wird der Mangel an Fachkräften perspektivisch eher zunehmen. Neben der Politik bemühen sich auch viele Unternehmen und Wirtschaftsverbände um die Integration von Geflüchteten in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Allerdings sind auch weiterhin viele Ausbildungsplätze nicht besetzt. Das ist auch durch fehlende Vorbildung und Kompetenzen junger Migrant_innen zu erklären.

Dieser Problemstellung widmen sich in Deutschland vor allem die Jugendmigrationsdienste. Sie beraten und begleiten jugendliche Migrant_innen bei ihrem Einstieg ins Berufsleben oder in das deutsche (Aus-)Bildungssystem. Dabei wird auch das Case Management-Verfahren eingesetzt. Case-Management ist eine Methode der Einzelfallhilfe in der Sozialen Arbeit. Ziel ist es, bedarfsgerecht und auf den Einzelfall zugeschnittene Hilfeleistungen zu erbringen. Insbesondere sollen die Potentiale und Ressourcen der Jugendlichen erkannt und gebündelt werden.

 

Was ist ein Seiteneinstieg?

Als Seiteneinstieg wird die Tatsache verstanden, dass eine Person mit Fluchterfahrungen – die ihre Bildungsbiografie im Herkunftsland begonnen, aber noch nicht abgeschlossen hat – diese nach der Flucht im deutschen Bildungssystem fortsetzt. Bisher gibt jedoch nur wenig Forschung darüber, wie ein solcher Seiteneinstieg gelingen kann. Deswegen hat sich das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe an den Sozial-Wissenschaftsladen gewandt. Gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit Nordrhein-Westfalen und den Jugendmigrationsdiensten aus Köln (Caritas und Katholische Jugendagentur) und Umgebung (Diakonie Düsseldorf) wurde dieses Forschungsprojekt dann in die Wege geleitet. 

Dabei haben sich die Beteiligten folgende Fragen gestellt: Was führt zu einem erfolgreichen Seiteneinstieg von jungen Geflüchteten? Nehmen die Fachkräfte der Jugendmigrationsdienste den Seiteneinstieg anders wahr als ihre Klient_innen? Und schließlich – welche Vor- und Nachteile hat das Case-Management-Verfahren in der Beratung?

 

Erfolgreicher Seiteneinstieg ist von mehreren Faktoren abhängig

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass folgende Faktoren tatsächlich entscheidenden Einfluss auf den Erfolg beim Seiteneinstieg nehmen: 

 

Diese Faktoren haben einen entscheidenden Einfluss darauf, ob sich junge Geflüchtete in das deutsche Ausbildungssystem beziehungsweise in den Arbeitsmarkt integrieren können. Andere Einflussgrößen, wie beispielsweise das Geschlecht oder der Aufenthaltstitel, spielen in dieser Untersuchung keine bedeutende Rolle. 

Für die Praxis lässt sich hieraus besonders die Relevanz von Deutschkenntnissen, Vorbildung und Praxiserfahrung für die erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von jungen Geflüchteten ableiten. Die Jugendmigrationsdienste müssen deswegen passgenaue Angebote schaffen, die sowohl das individuelle Potenzial der jungen Migrant_innen als auch die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt im Blick haben.

 

Hohe Zufriedenheit mit der Beratung

Die Case Management-Methode wird von den Fachkräften allgemein positiv bewertet. Die Methode bietet durch die genauen Handlungs- und Zielvorgaben eine gute Strukturierung. Trotz der positiven Aspekte gibt es in der Praxis auch Umsetzungsschwierigkeiten. Die zeitintensive Methode ist mit viel Bürokratie verbunden und wird von den Beratenden als aufwendig empfunden. 

Aus der Studie geht auch hervor, dass sich die meisten Klient_innen beim Jugendmigrationsdienst sehr gut betreut fühlen. Sie schätzen insbesondere die Freundlichkeit der Fachkräfte, die vertrauensvolle Beziehung, entgegengebrachtes Verständnis sowie die angenehme Atmosphäre. 

Die Ergebnisse der Studie wurden im Mai den Partner_innen aus der Praxis vorgestellt und diskutiert. Aus der Diskussion sind viele Impulse und weiterführende Fragen entstanden. Diese Fragen werden in den kommenden Monaten an Studierende für Abschlussarbeiten vermittelt. Wir bedanken uns bei unseren Kooperationspartner_innen für die zuverlässige und fruchtbare Zusammenarbeit!

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie auf unserem Transferposter und in der Broschüre. Bei Rückfragen können Sie sich auch unter sozial-wissenschaftsladen@katho-nrw.de beim Team des Sozial-Wissenschaftsladens melden.

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