Corona trifft die Armen hart
01. September 2020

Wer sich in finanzieller Not befindet, hat weniger Möglichkeiten, sich gesund zu ernähren, hat mehr Stress und kämpft öfter mit schlechten Wohnverhältnissen. Die Corona-Pandemie macht wieder einmal deutlich, wie sehr sich prekäre Lebensumstände auf die Gesundheit auswirken können. Beim dritten Treffen von Menschen mit Armutserfahrungen, veranstaltet von der Freien Wohlfahrtspflege NRW am 02. Juli 2020, kamen in Köln Betroffene mit Gesundheits- und Politikexperten ins Gespräch. Der Sozial-Wissenschaftsladen war dabei.

Dass das deutsche Gesundheitswesen eines der besten der Welt ist, zeigt sich auch wieder in der Corona-Krise. Doch reicht selbst dieses System nicht aus, um eine der größten Krankheitsursachen stärker einzudämmen – die Armut. Fakt ist auch hier: Wer lange ohne Job ist und kein Einkommen hat, ist häufiger krank als andere.

Alle gleich betroffen?

„Menschen in Armut haben ein höheres Risiko, sich mit dem Virus anzustecken, denn sie können den Infektionsquellen kaum ausweichen“, sagt Dr. Frank Johannes Hensel, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Auch fielen viele wichtige Kontakte und Hilfen in Zeiten des Lockdowns für die Betroffenen weg, Nöte vergrößerten sich dadurch umso mehr, so Hensel.

„Die Corona-Krise trifft diese Menschen besonders hart. Für viele ermöglicht nur der persönliche Kontakt zum Beispiel bei einem Jobcenter die benötigte Unterstützung. Dies muss – unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften wie an anderen Orten auch – unbedingt gewährleistet sein“, sagt Hensel. „Es kann nicht sein, dass Menschen praktisch von Hilfe ausgeschlossen werden, weil die Zugänge zu Behörden und Einrichtungen so erschwert bis unmöglich sind.“ sagt Hensel.

Gemeinsamer Austausch und Diskussion

Ins Gespräch kamen die gut 30 Betroffenen beim Vernetzungstreffen auch mit Professor Dr. Nico Dragano vom Universitätsklinikum Düsseldorf und Kathrin Melchert vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW. Untereinander tauschten sie im Anschluss ihre Erfahrungen zu Ernährung, Wohnen und Arbeit aus und formulierten eigene Forderungen. Dorothea Arens, Bachelor-Studentin an der Katholischen Hochschule NRW, stellte auch mit einem kurzen Vortrag den Zusammenhang zwischen Armut und Suizid zur Diskussion.

Partizipation von Menschen mit Armutserfahrungen fördern

„Menschen mit Armutserfahrung müssen gehört werden und sie möchten an politischen Entscheidungen beteiligt sein“, fasst Michaela Hofmann, Armutsexpertin beim Diözesan-Caritasverband Köln eine der Kernforderungen zusammen. „Wir müssen soziale Ausgrenzungen bekämpfen und den starken Zusammenhang von Armut und Krankheit, gerade jetzt unter Covid-19, entschärfen.“ Auch dem Sozial-Wissenschaftsladen ist es ein Anliegen, der Stimme von Menschen mit Armutserfahrung Ausdruck zu verschaffen. „Es ist wichtig, dass Menschen mit Armutserfahrungen auch in Forschung und Wissenschaft zu Wort kommen und Themen auf die Agenda setzen können“, sagt Anna Liza Arp, Projektmitarbeiterin im Sozial-Wissenschaftsladen Köln. So werden seit 2019 gemeinsam mit der Selbstvertretung Forschungsprojekte durchgeführt. Die Themen reichen dabei von Teilhabe armutsbetroffener Menschen über Altersarmut zum Zusammenhang zwischen Armut und psychischer Gesundheit.

 

Weitere Informationen zu dem Thema Armut macht krank finden Sie hier.

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