Spiritualität in der Palliativversorgung
Kick-Off Veranstaltung "Versorgungsbrücken statt Versorgungslücken"
12. Juni 2019

Am 12. Juni 2019 trafen sich 24 Vertreterinnen und Vertreter aus elf Altenhilfeeinrichtungen zum Austausch über „Spiritualität in der Palliativversorgung“. Eingeladen hat die Transferinitiative Aachen, bestehend aus der KatHO NRW, Abt. Aachen, und dem Caritasverband für das Bistum Aachen. Professor Krockauer (KatHO NRW) entwickelte Grundgedanken zum Stellenwert von spiritueller Sorge am Lebensende, bezogen auf die besondere Versorgungssituation in ambulanten und stationären Einrichtungen. Darüber hinaus gab es ausreichend Raum für das persönliche Kennenlernen, den fachlichen Austausch und das Sammeln eigener Projektideen

Die Transferinitiative Aachen ist eine von drei Initiativen im Pilotprojekt Versorgungsbrücken statt Versorgungslücken, welches gemeinsam an den Abteilungen Aachen und Paderborn unter Leitung von Prof. Dr. Krockauer und Prof. Dr. Feeser- Lichterfeld durchgeführt wird.

Diese drei inhaltlichen Aspekte wurden bei der Veranstaltung vorgetragen und erörtert:
 

„Spiritualität“: Von den Betroffenen her denken und handeln!

Der Begriff Spiritualität in Hospizarbeit und Palliative Care fordert Respekt und Achtung - nicht Bagatellisierung oder Aushöhlung, wie es in zahlreichen populären Verzerrungen zu beobachten ist. Diese zentrale Erkenntnis verbindet alle Beteiligten der Veranstaltung: Spiritualität und spirituelle Sorge sind wichtig! In ihrer täglichen Arbeit mit alten Menschen - besonders an ihrem Lebensende und in der Arbeit mit sterbenden Menschen und ihren Zugehörigen - an der Kante zwischen zwei Welten (Cicely Saunders) geht es immer auch um Spiritualität: um das,was letztlich trägt und heilt (Monika Renz). Unabhängig von Religionszugehörigkeit oder gelebter Religiosität lässt sich von daher Spiritualität als menschliches Grundbedürfnis verstehen, wie dies auch die Weltgesundheitsorganisation oder die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin in ihren Dokumenten erklären. Das Projekt geht von einer „radikalen Betroffenenorientierung“ (Andreas Heller) in der Palliativversorgung und zum anderen von einem offenen Spiritualitätsverständnis als Gesamtkonzept aus, in dem die unterschiedlichen Professionen um der Betroffenen willen ihren je eigenen Beitrag leisten können.  
 

„Transferlernen“: Gemeinsam für mehr Humanität im Umbruch der Gesellschaft!

Das Nachdenken über spirituelle Sorge am Lebensende ist bedeutender Bestandteil einer umfassenden Care-Debatte. In dieser wird die palliative Sorge um sterbende und trauernde Menschen als Nährboden für Solidaritätsaufbrüche in der Gesellschaft verstanden – gerade in Zeiten der Ausdifferenzierung und Pluralisierung sozialer Milieus und Lebensstile und im tiefgreifenden Umbruch der Gesellschaft (demographischer Wandel, Altersarmut, Pflegenotstand und Care-Krise…). Im Pilotprojekt möchten die Beteiligten ein fortlaufendes, gemeinsames und wechselseitig gewinnbringendes Transferlernen zwischen den Professionellen der unterschiedlichen Praxiseinrichtungen und der Hochschule ermöglichen und kultivieren, um Wege und Brücken für gute Sorgestrukturen finden und verstetigen zu können und dadurch gemeinsam für mehr Humanität im Umbruch der Gesellschaft einzutreten.
 

„Soziale Innovation“: Spirituelle Sorge bewegt Menschen und Organisationen und bringt diese in Bewegung!

Für ein solches Transferlernen braucht es geeignete Instrumente der Organisations- und Personalentwicklung, um die Partizipation der betroffenen Menschen und Organisationen zu gewährleisten, individuelle und systemische Selbstentwicklungspotentiale zu fördern und dafür notwendige, wechselseitige Lern- und Entwicklungsprozesse zu initiieren. So wollen und werden die Projektbeteiligten beispielsweise Projekte spiritueller Begleitung der Mitarbeiter_innen im Rahmen der palliativen Versorgung, Projekte bedarfsgerechter spiritueller Angebote für die begleiteten Bewohner oder auch sozialraumbezogene Projekte zur Einbeziehung von Gemeinden und Stadtteilinitiativen in die spirituelle Sorge bzw. Begleitung ins Auge fassen. Dies geschieht in partizipativen Transferlern- und Forschungsprojekten innerhalb der teilnehmenden Einrichtungen, wie auch im Ausbau einer gemeinsamen Netzwerkarbeit oder auch in regelmäßigen Fachkolloquien und Fachtagen.

In der Berücksichtigung von Spiritualität in der Palliativversorgung steckt ein übersehenes Innovationspotential, indem alle in der Palliativversorgung Beteiligten mit einbezogen und in Bewegung gebracht werden können. Denn spirituelle Sorge bezieht sich (1) auf alle beteiligten Personengruppen (Bewohner und Bewohnerinnen, Mitarbeitende…) und bezieht alle verbindend in den Sorge/Care- Prozess mit ein. Spirituelle Sorge markiert (2) im Blick auf das sorgende und versorgte Individuum ein zentrales Bedürfnis und generiert eine zentrale Nachfrage im professionellen Alltag. Und (3) bezieht spirituelle Sorge die Seelsorge von Kirchen und Religionsgemeinschaften konstitutiv in eine umfassende spirituelle Begleitung mit ein.

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