Einsam oder doch allein?
Sind wir bei Krankheit alleine betroffen?
19. Februar 2020
Tristan Steinberger
Agenturleitung
0221/7757 - 465

Der 4. Vortrag von KatHO em Veedel bestach durch seinen systemischen Zugang zum Thema: Auch in der Pflege bedarf es der stärkeren Berücksichtigung des sozialen Systems der Adressat_innen.

Auch im Februar fand wieder eine Veranstaltung der Reihe „KatHO em Veedel“ in der Alten Feuerwache statt, zu welcher der Fachbereich Gesundheitswesen der Katholischen Hochschule Köln in Zusammenarbeit mit dem Transfernetzwerk Soziale Innovation – s_inn einlud. Frau Prof. Dr. Renate Zwicker-Pelzer, Mitarbeiterin im Dachverband der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF), nahm mit ihrem Vortrag „Sind wir bei Krankheit alleine betroffen?“ eine systemische Perspektive auf das Thema Pflege und Altern ein.

In den letzten Jahrzehnten gewann der systemische Ansatz in vielen Professionen an Bedeutung. So sei dieser nicht mehr nur in Beratung und Therapie vertreten, sondern auch in zahlreichen weiteren Professionen. Auch die Pflege, so Zwicker-Pelzer, profitiere durch die systemische Perspektive, die sich vor allem dadurch auszeichne, die zu pflegende Person im Kontext sozialer und kultureller Bedingungen zu erkennen.

Die Frage „Sind wir bei Krankheit alleine betroffen?“ wurde durch Zwicker-Pelzer genauer erörtert, indem sie erläuterte, dass man zwischen den Begriffen „allein“ und „einsam“ differenzieren müsse. Der systemische Ansatz folge der Annahme, dass stets das jeweilige System und nicht das Individuum allein von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit betroffen sei. Gleichwohl sei es durchaus möglich, dass Menschen sich trotz eines vorhandenen Systems einsam fühlen. Wesentlichen Einfluss auf das dahingehende Wohlbefinden hätte die Präsenz der Familie und Angehörigen. Dabei ginge es nicht um eine ständige und unmittelbare Anwesenheit von Bezugspersonen, sondern viel mehr um einen mentalen Bezug zueinander. Diesen Bezug, und somit das Wohlbefinden der pflegebedürftigen Person in den Blick zu nehmen, sei Aufgabe des Systems der professionell Helfenden.

Anschaulich stellte die Referentin mithilfe der systemischen Methode des Genogramms dar, wie die Einbeziehung eines mehrdimensionalen Systems im Pflegekontext gelingen könnte. Diese Methode, bei der Beziehungen und innerfamiliäre Zusammenhänge in einer Art Stammbaum dargestellt werden, führe zu einer „Verflüssigung von Beziehungsumständen“: Also dazu, dass Personen Beziehungen und Strukturen als Ressourcen erkennen, die bislang unentdeckt blieben. Auch führe der systemische Blick auf Pflegekontexte zu einer Abkehr der Defizitorientierung und stärke das Empfinden dafür, wie Pflegebedürftige bereits in ihrer eigenen Vergangenheit erfolgreich mit Krankheit umgehen konnten.

Zwicker-Pelzer verdeutlichte in ihrem Vortrag anschaulich und durch wissenschaftlich fundierte Darlegungen, wie stark die Pflege durch einen systemischen Zugang gewinnt und wie der Fachbereich Gesundheitswesen der KatHO Köln diesen Zugang vermittelt.

 

Im Anschluss lud der Prodekan des Fachbereichs, Prof. Dr. Michael Isfort, bei Verköstigung und Getränken das Publikum zu weiterer Diskussion ein und wies auf die letzte Veranstaltung der Reihe „KatHO em Veedel“ hin, bei der Prof. Dr. Andreas Becker folgende Frage stellen wird: „Sind wir im Krankenhaus noch sicher?“

Zu diesem Vortrag lädt der Fachbereich des Gesundheitswesens und das Transfernetzwerk Soziale Innovation – s_inn erneut alle interessierten Bürger_innen am 24.03.2020 um 18:00 Uhr in die Alte Feuerwache ein.