Corona wirkt wie ein Brennglas
Teilhabe und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen in der Pandemie
03. Dezember 2020

Das Transfernetzwerk Soziale Innovation – s_inn der Evangelischen Hochschule RWL, das Bochumer Zentrum für Disability Studies (BODYS) und der Sozial-Wissenschaftsladen (SoWiLa) luden zur zweiten Veranstaltung der Online-Vortragsreihe „Behinderung in Zeiten von Corona“ ein. Am 03.12.2020 referierte der Historiker und Behindertenrechtsaktivist Florian Grams über das Thema „Corona wirkt wie ein Brennglas – Teilhabe und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen in der Pandemie“.

In den vergangenen Monaten sei es im Zuge der Covid-19-Pandemie immer wieder zu Verstößen und Aussagen gegen die Rechte von Menschen mit Behinderungen gekommen.

Florian Grams blickte in seinem Vortrag in die Geschichte, um Antworten für heute zu erhalten. Zum Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich international eine eugenische Bewegung, die versuchte, auf Basis neuer medizinischer und wissenschaftlicher Fortschritte, eine „verbesserte“ Bevölkerung entstehen zu lassen. Die grundlegenden Ideen dieser Bewegungen radikalisierten sich innerhalb weniger Jahrzehnte und führten zu den Behindertenmorden im Nationalsozialismus, mit der Begründung, die Gesellschaft von sogenannten „Ballastexistenzen“ zu befreien.

Grams stellte in seinem Vortrag die Clinical Frailty Scale vor, welche als Empfehlung zur Orientierung bei der Entscheidung über die Zuteilung von intensivmedizinischen Ressourcen dienen sollte (auch bekannt unter dem Begriff „Triage“). Die Skala wurde für die Intensivmedizin entwickelt und beinhaltet die Selektion von behandlungsbedürftigen Menschen nach ihrer vermeintlichen Leistungsfähigkeit sowie zu erwartenden Behandlungserfolgen.

Nach Grams brauche es jetzt eine aktive Behindertenbewegung, die sich genau dieser Diskussion entgegenstelle und darauf verweise, dass Lebensrecht von Menschen mit Behinderungen nicht verhandelbar sei.

Im Anschluss des Vortrages kam es zu den Fragen, welche Alternativen es zur Triage und der Clinical Frailty Scale gebe, welche öffentlichen Reaktionen es zu den gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen gebe und wie dies alles in die Debatte in der Behindertenbewegung eingebracht werden könne.

Darüber hinaus wurde deutlich, dass die Debatten öffentlich und barrierefrei für alle zu führen seien. Das Fazit: innerhalb der Behindertenbewegung sei es sinnvoll, sich generationenübergreifend und auf internationaler Ebene auszutauschen.

Vortrag von Florian Grams

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