VERANSTALTUNG AUS DER THEMENREIHE DES PROJEKTS BEWEGT
Themenabend "Vater sein"
27. April 2022

Am 02. Februar 2022 fand der digitale Themenabend in der Reihe "Wege finden" im Jahr 2022 zum Thema "Vater-sein" statt. Eingeladen waren als Referenten René Meistrell, Leiter des Kinder- und Jugendhospizes Bethel und Uwe Brandt, der aus Sicht eines Vaters von seiner Situation berichtete.

René Meistrell berichtete aus seiner langjähriger Erfahrung aus der Kinder- und Jugendhospizarbeit, in der er mit vielen Vätern im Kontakt war. Auch wenn es vielfach die Mütter sind, die die Kinder während des Aufenthaltes im Kinder- und Jugendhospiz begleiten, sind immer auch wieder Väter als Teil der Familie dabei. René Meistrell zeigte auf, dass Mütter und Väter nicht grundsätzlich unterschiedlich trauern, aber zeitversetzt unterschiedlich mit der Situation umgehen. Aus der Väterarbeit heraus hat sich ein Väterstammtisch als eine Form der Selbsthilfe, vor allem als Möglichkeit des Austausches, etabliert. Dabei ist es den Vätern wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen, ohne dass der Fokus immer direkt auf die Erkrankung des Kindes gerichtet sein muss.

In Form eines Gespräches tauschten sich René Meistrell und Uwe Brandt über die Situationen aus, die Herr Brandt als Vater von Zwillingen, erlebt hat. Er berichtete sehr offen und berührend über die Situation seiner Kinder, die zu früh auf die Welt kamen. Sein Sohn, Sandro hat aufgrund von Komplikationen schwere gesundheitliche und kognitive Beeinträchtigungen. Als er nach einem langen Krankenhausaufenthalt nach Hause kam, stellte dies die Familie vor extreme Herausforderung. Sandro brauchte umfassende Betreuung und Pflege, gleichzeitig schrie er fast dauerhaft und ließ die Eltern so gut wie nicht schlafen. Uwe Brandt berichtete, wie sehr sie immer wieder über Jahre an und über ihre Grenzen gekommen sind, wie sehr in solchen Situationen die Gefahr bestand, sich selbst und sich als Paar zu verlieren. Gleichzeitig erzählte er von Sandros aufbauendem und fröhlichen Lachen. In der Musik haben Vater und Sohn einen besonderen Zugang zueinander und teilen besondere Momente miteinander. Auf die Frage, was ihm in der Zeit geholfen habe, antwortete er: „Zu sprechen“.

Irgendwann war Uwe Brandt an dem Punkt für sich zu erkennen, „Ich kann nicht mehr“. Über einen längeren Zeitraum haben seine Partnerin und er gemeinsam die Entscheidung getroffen, nach einem Wohnangebot für ihren Sohn zu suchen, um wieder mehr Raum zu gewinnen und auch ihrem anderen Sohn gerecht werden zu können. Es war ein Ringen um den richtigen Weg, auch in einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem das nicht vorstellbar ist: „Das kann man nicht machen, man kann ein Kind nicht in eine Einrichtung geben“. Es war kein einfacher Weg, es gibt kein „Kompendium über Angebote“, viele Informationen müssen sich Eltern immer wieder selber suchen. Die Eltern haben über das Kinderhospiz viel Begleitung erfahren und Uwe Brandt berichtete auch jetzt durch das Wohnangebot das Gefühl zu haben, anders begleitet durch die Situation gehen zu können. Jedes Wochenende holen sie ihren Sohn nach Hause und können so alle gemeinsam als Familie wieder miteinander leben und erleben. Es wurde durch die Schilderung sehr deutlich, wie schwer die Entscheidung war und wie wenig es möglich und angemessen ist, eine solche Situation von außen zu beurteilen.

An dem Abend nahmen viele Väter, aber auch Mütter und professionelle Beraterinnen und Berater teil. Die Rückmeldungen und Fragen zeigten, wie wertvoll dieser Bericht erlebt wurde. Ein großer Dank geht an die beiden Referenten und insbesondere Uwe Brandt für die sehr persönlichen Einblicke und die Offenheit, über die eigenen Gefühle und Grenzen zu berichten.

Im gemeinsamen Austausch wurde auf die oft fehlende Vernetzung von Angeboten verwiesen und wie bedeutsam es in solchen Situationen ist, die richtigen Informationen zu bekommen, zudem nicht be- oder sogar verurteilt zu werden.

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